Dieser etwas schleierhafte Held hat es ein bisschen wie Newton bis zu uns geschafft. Dabei ist er ein in der Theatergeschichte wie auch in unserer Gesellschaft unersetzlicher Held. Dieser hartgesottene, einzelgängerische und wenig gesellige Almöi findet sich an der Spitze eines der berühmtesten Volksaufstände wieder.
Schiller nimmt die Tell-Figur, wie Shakespeare einen legendären König. Wilhelm Tell wird verklärt: Aus der simplen Forderung nach Freiheit wird ein politisches Bewusstsein, das nach Emanzipation verlangt.
Mit seinem Kampf gegen die Ungerechtigkeit und Gewalt der Unterdrücker durchqueren wir die Menschheitsgeschichte bis in unsere Tage, die Demokratie wird zu einer Notwendigkeit des Zusammenlebens. Als Held über sein Schicksal, aber auch als Verkörperung des Volkes klingt sein Weg noch in unserer aktuellen Situation nach.
Was für ein Held ist Wilhelm Tell? Wie erzählt man diese Geschichte? Tell handelt im Alleingang, ist er sich der politischen Bedeutung bewusst? Inwiefern spielt sein Gewissen eine Rolle bei seinem Widerstandsakt? Handelt es sich um eine Art instinktiven Widerstand? Recht auf freie Meinungsäußerung, auf Eigentum, auf Arbeit, Freizügigkeit… Reden oder Handeln, wie handeln?
Die Geschichte von Wilhelm Tell ist eine Legende, eng verknüpft mit der Geschichte der Schweiz im 18. Jahrhundert. Schiller nutzte sie, um im 18. Jahrhundert ein Stück zu schreiben, und wir nutzen sie jetzt, im 21. Jahrhundert. Wir erzählen diese Geschichte in einem Land voll Seen und Berge, das nicht mehr unbedingt die Schweiz sein muss. Wir erfinden neue Figuren und geben auch den Frauen eine aktive Rolle in dieser Revolte: Unsere wichtigste Überlegung ist dabei die Frage nach der Freiheit und der Revolte eines Volks gegen seinen Unterdrücker.Auszug aus der Absichtserklärung von Nora Granovsky.